kóstkaty slěd 

jatšowne kołki / Ostersemmel, Ausstellungskarte, Max Steffen ca. 1928

ENG The title of this exhibition marks the beginning of my study into the role of cowries within Sorbian culture. The Sorbian term Kóstkaty refers to the cowry shell but also carries the meanings of "knuckle" and "cube," suggesting an interplay between objects, the body, and symbols. This layered word connects conceptually to the Yoruba Éérìndìnlógún cowry oracle, showing how cowries hold associative and spiritual significance across cultures.

The word Slěd, meaning "trace" or "track," informs the show focus on following these historical and cultural threads. The exhibition examine these connections, each piece tracing distinct paths through which the layered meanings and histories of cowries emerge.

With additional works by Julia Kiehlmann, Antje Majewski, Marie Eve Levasseur, and Jul Zureck.

DE Der Titel dieser Ausstellung markiert den Beginn meiner Studie über die Rolle der Kaurischnecke in der sorbischen Kultur. Der alte sorbische Begriff Kóstkaty bezieht sich auf die Kaurischnecken, hat aber auch die Bedeutung von „Knöchel“ und „Würfel“, was auf ein Wechselspiel zwischen den Objekten, ihrer ursprünglichen Körperlichkeit und Symbolen hinweist. Das vielschichtige Wort Kóstkaty ist assoziativ mit dem Éérìndìnlógún verbunden. Das Kauriorakel der Yorùbá. Es spannt sich ein Netz aus Bedeutungen, die die Kaurischnecken in verschiedenen Kulturen haben.

Das Wort Slěd, bedeutet „Spur“ oder „Fährte“. Es verweist auf diese historischen und kulturellen Fäden. In der Ausstellung werden diese Verbindungen untersucht, wobei jedes Werk unterschiedliche Wege nachzeichnet, auf denen die vielschichtigen Bedeutungen und Geschichten der Kaurischnecken zum Vorschein kommen.

Mit Arbeiten von Julia Kiehlmann, Antje Majewski, Marie Eve Levasseur und Jul Zureck.

exhibition view: kóstkaty slěd 2020, galerie b2_, photo: Georg Brückmann

care, glazed ceramic and cellulose, photo: Andreas Levasseur

 

Gesang der Kaurischnecke

von Juliane Zöllner

Einmal lag ich in der feuchten Hand einer entbindenden Inderin.

Einmal hörte ich Musik von Beyoncè.

Einmal versuchte ich, das Wesen antiker Bitcoins zu verstehen. Dazu las ich Karl Marx von vorn nach hinten und von hinten nach vorn und von der Mitte aus in beide Richtungen und so weiter.

Einmal versuchte ich, mich mir ganz allein und aus eigener Kraft vorzustellen: Schwierig.

Und einmal fiel bei mir der Groschen. Das war schön.

Und dann wieder fragte ich mich: Was haben Möhren mit dunkler Marmelade zu tun? Das hatte ich mich schon oft gefragt, ehrlich gesagt.

Einmal lebte ich im Ozeanschlamm. Folglich war ich ein Wesen -- es war ganz ruhig und lustig und schlimm und schön.

In einer maledivischen Lagune dann habe ich mich an einem Kokospalmwedel festgesetzt. Ich wurde dann ans Licht gezogen und getötet. Das hat mit dem Glanz zu tun und der Glanz wiederum mit der Bedeutung. Allerdings wächst die Bedeutung erst mit den Jahrhunderten.

Einmal war ich ein automatisches Subjekt und die Jahrhunderte fragten mich: Wie hast du das gemacht, dass du derart ... gedacht wirst? Und ich antwortete: Vielleicht differenziert ihr mal eure Fragestellung, ey!

Seht ihr, ich bewege mich über Karten. Meine Nutzung streckt sich in der Badewanne aus, auf der Sushimatte, im Bett zwischen selbstgenähten Kissen in Fuchsia und Braun, Petrol, Goldgrün, Rosa ... sie schlängelt sich in das Nadelöhr hinein und wieder hinaus.

Und die Jahrhunderte sagten wieder: Ja, aber erinnerst du dich nicht? Einmal hörte jemand deinem Murmeln zu, als hättest du ein wenig Ahnung von der Zukunft.

Und einmal lagst du in einem Tontopf und über dir hing die kontinentale Nase einer ungeheuerlichen Geschichtenerzählerin. Sie sieht aus wie eine Vulva, sagte sie, also wohl hat sie Aphrodite von ihrer Insel aus ins Wasser geworfen.

Also gut, dachte ich. So ist es doch immer.

Einmal stellte ich fest: Ich bin, was von mir gesagt und was gegen mich ausgetauscht wird. Darüber hinaus bin ich, was vermutet wird, was erinnert, was verbuddelt und wieder ausgegraben, ausgewaschen, ausgesiebt wird. Ganz wesentlich aber ist, dass ich außen hart bin und innen tot.

Außerdem habe ich an der Oberfläche eine Ähnlichkeit mit irgendwas. Das 13. Jahrhundert war ganz fein und weiß wie Regen. Durchsichtige Schweinchen rochen höchstens ein ganz klein wenig nach Tang und frisch ausgewaschenen Aschenbechern.

installation view 2020: new breed (leather, porcellain, bread) photo: Georg Brückmann

exhibition view: kóstkaty slěd 2020, galerie b2_, photo: Georg Brückmann

exhibition view: kóstkaty slěd 2020, galerie b2_, photo: Georg Brückmann

main routes, hand knotted wool carpet, photo: Andreas Levasseur